Diakonisches Werk Neuwied

Schwangerschaftsabbruch: Beraterinnen sehen ebenfalls Neuregelungsbedarf

02.05.2024 - 12:04

Neuwied. Ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen sollte nicht mehr grundsätzlich strafbar sein. Zu diesem Ergebnis kommt die von der Ampelkoalition eingesetzte Expertenkommission. Die Fachleute betonen: „Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft ist nicht haltbar“. Sie schlagen daher eine Gesetzesänderung vor.

Die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle der Gemeinsamen Diakonischen Werke Rheinland-Süd am Standort Neuwied begrüßt grundsätzlich diese Feststellung. Eine Entkriminalisierung ist notwendig, damit Frauen ihr Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung haben. Bisher bleibt der Schwangerschaftsabbruch nur unter besonderen Bedingungen straffrei, und zwar, wenn das Leben der Schwangeren gefährdet ist, wenn sexuelle Gewalt vorausgegangen ist, wenn der Abbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen erfolgt und die Schwangere mindestens drei Tage vorher eine Schwangerschaftskonfliktberatung aufgesucht hat. Die Expertenkommission spricht sich aber auch außerhalb dieser Beratungsregelung für ein „flächendeckendes, niedrigschwelliges, barrierearmes und vielsprachiges Beratungsangebot“ aus, das Frauen kostenlos zur Verfügung steht.

Die Diakonie Deutschland positioniert sich ebenfalls gegen eine Pflichtberatung zur Aufhebung der Straffreiheit, plädiert aber für den Erhalt und Ausbau eines umfassenden Beratungsangebotes. Der Schutz des Lebens sollte dabei über eine Entstigmatisierung sowie über Prävention und Aufklärung, nicht über das Strafgesetzbuch geregelt werden.

Die Beraterinnen der Schwangerenberatung der Diakonie in Neuwied sehen in der Konfliktberatung weiterhin einen wichtigen Baustein, auch wenn die Beratungspflicht mit einer Gesetzesänderung wegfallen sollte. Sicherzustellen wäre aber vor allem, dass die Schwangerschaftskonfliktberatung weiterhin auch von Frauen als ein unterstützendes und notwendiges Angebot im Prozess einer äußerst schwierigen und auch belastenden Entscheidungsfindung wahrgenommen wird.

Das vertrauliche, professionelle Gespräch ist aus unserer Erfahrung vielen Frauen eine bedeutende Hilfe. Nach dem Motto „Mit der Frau, nicht gegen sie“ unterstützen die speziell qualifizierten Diakonie-Beraterinnen die Frau im Schwangerschaftskonflikt; sei es um eine noch nicht getroffene Entscheidung zu finden oder Möglichkeiten zu erarbeiten, den Prozess bestmöglich zu verarbeiten. Die Beraterinnen besprechen die Beweggründe der Schwangeren und deren persönliche Ressourcen sowie Verhütungsmöglichkeiten. Sie geben medizinische, soziale und juristische Informationen und bieten sowohl Unterstützung beim geltend machen von Ansprüchen, wenn die Schwangerschaft fortgesetzt werden soll, als auch eine Nachbetreuung nach einem Schwangerschaftsabbruch.

Unverzichtbar ist daher ein rechtlich abgesichertes, niederschwelliges, wohnortnahes, flächendeckendes, kostenfreies und qualifiziertes psycho-soziales Beratungsangebot für Schwangere und ihre Partner, wie es bereits heute als Rechtsanspruch im Schwangerenkonfliktgesetz verankert ist.

Die Frage nach Ärzten, die einen Abbruch vornehmen, ist ebenfalls oft Thema der Beratung. Denn in Stadt und Kreis Neuwied findet sich derzeit kein Arzt/keine Ärztin mit diesem Angebot. Die Frauen müssen häufig eine längere Fahrzeit in Kauf nehmen. Hierzu geben kürzlich veröffentlichte Ergebnisse der ELSA-Studie (ein vom Bundesgesundheitsministerium gefördertes Forschungsprojekt mehrerer Hochschulen zur Lebenssituation ungewollt Schwangerer und zum Thema Schwangerschaftsabbrüche) Aufschluss. Die Versorgung in RLP ist relativ schlecht; in acht Landkreisen leben Menschen außerhalb einer angemessenen Erreichbarkeit zum nächsten Angebot für einen Schwangerschaftsabbruch, d.h. mehr als 40 Autominuten entfernt. Dieses Ergebnis wird nur noch von Bayern mit 43 Kreisen getoppt.

Die Finanzierung über die Krankenkassen ist bisher nur in finanziellen Notlagen möglich, könnte zukünftig nach einer Gesetzesänderung aber zur Kassenleistung werden. Ein Argument der Kritiker gegen die Entfernung aus dem Strafgesetzbuch ist, dass eine solche Streichung Frauen insgesamt zu Abbrüchen animieren könnte. Dies sehen die Beraterinnen der Diakonie in der Gesamtheit allerdings zunächst nicht so. Es sind, wie auch in der ELSA-Studie bestätigt, in der Regel Ausnahmesituationen, in denen die Frauen sich befinden und so in einen persönlichen Konflikt geraten. Kaum eine Frau macht sich die Entscheidung leicht, so das Fazit der drei Neuwieder Beraterinnen.

Die Mitarbeiterinnen der Schwangerenberatung der Diakonie bieten täglich neben der Sozialberatung für werdende Eltern die Möglichkeit für Konfliktgespräche an, sodass Wartezeiten vermieden werden können. Die Beratung erfolgt ergebnisoffen und auf Wunsch anonym. Termine können telefonisch unter (0 26 31) 39 22 -0 vereinbart werden oder per Mail: sekretariat@diakoniehilft.de.

Pressemitteilung

Diakonisches Werk Neuwied

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
10.05.2024 13:11 Uhr
Dr. Maria Dommermuth

Kommentar zum Artikel Schwangerschaftsabbruch: Beraterinnen sehen ebenfalls Neuregelungsbedarf (Ausgabe 19/2024)
Der Forderung nach einem Angebot an wohnortnaher, flächendeckender Schwangerschaftskonfliktberatung kann nur zugestimmt werden. Dass die Diakonie aber die Forderung nach einem Recht auf Abtreibung in der Frühphase der Schwangerschaft begrüßt, wie vor kurzem von einer von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission postuliert, hat mich sehr bestürzt. Selbst dem Wegfall einer Beratungspflicht wird seitens der Diakonie zugestimmt. Ich erachte dies als eine fundamentale Verschiebung ethischer Grundsätze, denn der ungeborene Mensch wird damit in seiner Frühphase rechtlos. Zweifellos ist eine ungewollte Schwangerschaft eine äußerst schwierige Lebenssituation. Die aktuell gültige rechtliche Regelung ist aber angesichts der großen ethischen Problematik meines Erachtens zumutbar. Denn ebenfalls zweifellos ist eine schwangere Frau nicht mehr allein in ihrem Körper. Es existieren zwei Personen nebeneinander, ob einem das nun gefällt oder nicht. Nach meinem Verständnis des unveräußerlichen Menschenrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Grundgesetz Art. 2 (2)) gerät damit das Selbstbestimmungsrecht einer Frau an ihre Grenzen. Die Einsetzung dieser Kommission wurde auch damit begründet, dass ethische Fragen der Medizin mit dem Fortschritt der Wissenschaft neu gestellt und beantwortet werden müssen. Dreh- und Angelpunkt der Debatte ist eigentlich, ab wann menschliches Leben existiert. Ab wann ist der ungeborene Mensch ein Mensch mit all seinen Menschenrechten? Dies ist meines Erachtens kein wissenschaftliches sondern in erster Linie ein ethisches Thema.

Dr. Maria Dommermuth, Ockenfels



08.05.2024 12:30 Uhr
Siegfried Kowallek

Der bundesweit bekannte Journalist und Publizist Heribert Prantl, früher unter anderem als Staatsanwalt tätig, stellt kritisch heraus, das Thema Schwangerschaftsabbruch werde in Deutschland mit viel Strafrecht und wenig Hilfe beantwortet. Katrin Helling-Plahr, rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, glaubt hingegen, der bislang geltende Strafrechtsparagraf stelle als Ergebnis einer langen gesellschaftlichen Diskussion einen gelungenen Kompromiss dar. Nachdem allerdings die Ampelkoalition schon im Koalitionsvertrag ankündigte, den Paragrafen 218 aus dem Strafrecht zu verbannen, reagierte der Deutsche Juristinnenverband darauf mit einem Arbeitsgruppen-Papier, das zum Ergebnis kam, eine ersatzlose Streichung aus dem Strafgesetzbuch sei möglich. Man könne Schwangerschaftsabbrüche nämlich durchaus auch im Sozialrecht verankern, konkret im Schwangerenkonfliktgesetz, so dass man das Strafrecht nicht brauche. Seit der der noch gültigen Regelung zugrunde liegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind 30 Jahre vergangen und es zeigt sich inzwischen, dass das Bundesverfassungsgericht durchaus in der Lage ist, aktuelle Entwicklungen angemessen zu berücksichtigen. Völlig zu Recht steht die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle der Gemeinsamen Diakonischen Werke Rheinland-Süd am Standort Neuwied somit einer Gesetzesänderung positiv gegenüber. Sie positioniert sich zudem sympathisch ausgewogen, wenn sie gegen die Pflichtberatung zur Aufhebung der Straffreiheit ist, jedoch gleichzeitig für den Erhalt und Ausbau eines umfassenden Beratungsangebotes ist, ein rechtlich abgesichertes, niederschwelliges, wohnortnahes, flächendeckendes, kostenfreies und qualifiziertes psychosoziales Beratungsangebot für Schwangere und ihre Partner als unverzichtbar ansieht. Die Bekümmernisse des einzelnen Menschen sind nämlich so vielfältig und komplex wie das Leben selbst und es ist gut, wenn es bei einer lebenswichtigen Entscheidungsfrage hilfreiche Angebote gibt. Und das in Zukunft hoffentlich ohne Strafrecht und staatlichen Zwang.



Stellenmarkt
Weitere Berichte
Regional+
 

Über 80 Kinder und Jugendliche aus dem DRK-Kreisverband Mayen-Koblenz nahmen beim Kreiswettbewerb des Jugendrotkreuzes in Bendorf teil

Kinder und Jugendliche zeigen ihr Können beim Kreiswettbewerb des Jugendrotkreuzes

Mayen. Über 80 Kinder und Jugendliche aus dem DRK-Kreisverband Mayen-Koblenz nahmen am diesjährigen Kreiswettbewerb des Jugendrotkreuzes in Bendorf teil. Dabei mussten anspruchsvolle Aufgaben in sechs Teilbereichen bearbeitet werden. mehr...

Nach aktuellem Stand sei kein Starkregen wie am 2. Mai zu erwarten

Kreis Ahrweiler: Warnung vor Dauerregen

Kreis Ahrweiler. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat heute, 16. Mai 2024, eine Vorabinformation vor heftigem bzw. ergiebigem Regen und eine amtliche Warnung vor Dauerregen herausgegeben. Dies meldet die Kreisverwaltung Ahrweiler auf ihrer Facebook-Seite. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
Weitere Berichte
Joggerinnen treffen im Stadtwald auf masturbierenden Mann

Nackter Exhibitionist beschäftigt Polizei in Euskirchen

Joggerinnen treffen im Stadtwald auf masturbierenden Mann

Euskirchen. Am Mittwoch, 15. Mai, betätigten sich zwei Frauen gegen 10.47 Uhr sportlich im Stadtwald in Euskirchen, als sie einen unbekleideten Mann wahrnahmen. Der Unbekannte stand oberkörperfrei und mit heruntergelassener Jeanshose in einem Stichweg und manipulierte an seinem Glied. mehr...

Baum umgefahren

Aus dem Polizeibericht...

Baum umgefahren

Wirges. Im Zeitraum von Sonntag, den 12. Mai 2024, 14:00 Uhr, bis Montag, den 13. Mai 2024, 08:50 Uhr, hat ein bislang unbekannter Pkw auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums in der Samoborstraße einen Baum umgefahren und Begrenzungssteine verschoben. mehr...

Motorhaube beschädigt

Aus dem Polizeibericht

Motorhaube beschädigt

Bendorf. Zwischen Freitag, dem 10.05.2024, und Mittwoch, dem 15.05.2024, kam es in der Sayner Straße in Bendorf/Rhein zu einer Sachbeschädigung an einem grauen Skoda Fabia. Das Fahrzeug stand auf einem privaten Stellplatz, als unbekannte Personen die Motorhaube eindrückten. mehr...

CDU Rheinbreitbach

Frühjahrsputz

Rheinbreitbach. Die CDU Rheinbreitbach lädt zum Frühjahrsputz ein. Treffpunkt ist Samstag, 1. Juni um 10 Uhr vor der Oberen Burg. Mülltüten werden gestellt. Es werden in Gruppen Abfälle auf Wegen, in Parks und Anlagen eingesammelt. mehr...

Aktuelle Herausforderungen thematisiert

Karl-Josef Laumann war bei CDU und CDA in Neuwied zu Gast

Aktuelle Herausforderungen thematisiert

Neuwied. Der gerade mit hervorragendem Ergebnis gewählte stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU Deutschlands war in das Restaurant Pino Italia in Neuwied gekommen. Hier fand er einen prall gefüllten Saal vor. mehr...

Viele Besucher beim
Familienfest am Muttertag

Freie Wählergruppe Zepp in Bell

Viele Besucher beim Familienfest am Muttertag

Bell. Am 12. Mai fand bei bestem Frühlingswetter das Familienfest der Freien Wählergruppe Zepp statt. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher verbrachten bei Kaffee und leckerem Kuchen einen kurzweiligen Nachmittag im und um den Backes. mehr...

Krämer mit Podiumsplatz in der Altersklasse

Mendiger Sportler bei Sparkassen-Firmenlauf in Cochem

Krämer mit Podiumsplatz in der Altersklasse

Mendig. Beim Sparkasse Firmenlauf in Cochem konnte der Mendiger Michael Krämer ein weiteres Mal mit einer Top-Platzierung auf sich aufmerksam machen. Mit 53 Jahren bewies er erneut, dass Alter keine Grenzen... mehr...

TV 05 Mülheim

Vierte Zumba Party

Mülheim. Nach drei folgt vier, diese logische Abfolge gilt auch für die erfolgreiche Zumba Party des TV 05 Mülheim! Nach der tollen Resonanz der ersten drei Veranstaltungen kommt der TV 05 gerne den zahlreichen... mehr...

120 Sprinter aus fünf Schulen waren dabei

Vorprogramm des Deichmeetings

120 Sprinter aus fünf Schulen waren dabei

Neuwied. Was spornt junge Sportler mehr an als das Streben nach einem persönlichen Vorbild? Solche Vorbilder gab es für die Teilnehmer am Vorprogramm des „Lotto Deichmeetings präsentiert von Rhodius Mineralquellen“... mehr...

LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
Amir Samed:
Immer noch wird von "Long Covid" gesprochen, obwohl dies ins Reich der Fabel gehört, wir die jüngste Studie aus Australien zeigt. Es werden vor allem die physischen und psyschischen Folgen der Corona-Maßnahmen, sowie Impfschäden darunter subsumiert. Den Betroffenen wird also auch hier nicht die Wahrheit...
Siegfried Kowallek:
Der tendenziell polemisierenden Erklärung des AfD-Politikers Jan Bollinger, politische Gewalt werde seitens der „etablierten Parteien“ instrumentalisiert, möchte ich nur zwei Tatsachen gegenüberstellen: Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wies am 7. Mai auf die Selbstverständlichkeit hin,...
elfriede lützler :
ja, es ist schon erstaunlich wie der Klotz in Linz in Höhe und Farbe genehmigt werden konnte. Der Architekt teilt mir sogar mit, dass die graue Farbe von der Denkmalpflege NR genehmigt, bzw. abgesprochen wurde. Linz als bunte Stadt am Rhein läßt grüßen....
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service