Kreisbauern- und Winzerverband hatte zu Generalversammlung eingeladen

Die Bauern müssen schon lange kleine Brötchen backen, aber 2016 waren sie besonders klein

Die Stimmung war missmutig, aber kämpferisch – Vizepräsident Werner Schwarz sah die Landwirtschaft in einer Zerreißprobe – Landwirte sollen sich der Diskussion stellen

Die Bauern müssen schon lange kleine Brötchen backen, aber 2016 waren sie besonders klein

Bauernverbands-Vizepräsident Rainer Schwarz aus Schleswig-Holstein sah die Landwirtschaft in einer Zerreißprobe.Foto: JOST

09.01.2017 - 12:20

Dernau. Missmutig, aber kämpferisch war die Stimmung bei der Generalversammlung des Kreisbauern- und Winzerverbandes Ahrweiler im Culinarium der Weinmanufaktur Dagernova in Dernau. „Die Landwirtschaft befindet sich in einer Zerreißprobe“, wusste der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Werner Schwarz. Zwar ernähre ein Landwirt im Durchschnitt 150 Menschen, der Beruf scheine aber trotzdem derzeit nichts wert zu sein, vor allem die mediale Wahrnehmung lassen sehr zu wünschen übrig. Als Folge überlege sich der Nachwuchs zweimal, ob er in die Betriebsnachfolge einsteige, denn er befürchte, „zwischen Markt und Meinung, zwischen Freiheit und Reglementierung, zwischen Gegenwart und Zukunft zerrieben zu werden.“ Die Spannung sei immer schwerer auszuhalten, so Schwarz, seines Zeichens Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein. Zumal die Existenzangst in den landwirtschaftlichen Betrieben umgehe angesichts dramatisch sinkender Erzeugerpreise. Hier sei ein starker Staat notwendig – aber nicht als Mitakteur, sondern als Schiedsrichter.


Deutsche Bauern drehen an jeder Schraube


Ein weiteres Problem sei es, dass sich die Preise für landwirtschaftliche Produkte weltweit anglichen, die Kosten aber nicht. „Deshalb drehen die deutschen Bauern an jeder Schraube, aber nicht zulasten der Tiere und nicht zulasten der Umwelt – sondern zulasten ihrer Familien“, wusste der Großbauer, der einen 400 Hektar großen Familienbetrieb mit Ackerbau, Schweinemast und Jungsauenvermehrung leitet. Dabei helfe es schon, wenn die Politik endlich die Bürokratie abbaue, denn die machen viel Arbeit und verursachen hohe Kosten, sie sei letztlich ein Wettbewerbsnachteil für die heimischen Bauern auf dem Weltmarkt. Unnötige Regulierungen machten den Ackerbau und die Viehzucht nicht besser, sondern nur schwerer für die Erzeuger. „Dämmen Sie die Gesetzesflut ein, fahren Sie die Dokumentationspflicht und den Kontrollaufwand herunter und stärken Sie stattdessen die Freiwilligkeit“, so sein Appell auch an die zahlreich anwesenden Kommunalpolitiker aus dem Kreis Ahrweiler. Sonst wisse er nicht, wie die Landwirtschaft in Zukunft weltweit etwa zwölf Milliarden Menschen ernähren solle. „Wir können es, aber man lässt uns nicht und bezahlt uns nicht fair und vernünftig.“


Mit Schlagworten und schiefen Fakten


Schwarz warf der Politik auf Bundesebene auch vor, mit Schlagworten und schiefen Fakten nach Wählerstimmen angeln zu wollen, und sah dies als riesengroßes Misstrauensvotum gegen die Landwirtschaft insgesamt. Allerdings gebe es dafür keinen nachvollziehbaren Grund und es werde Zeit, die richtigen Fragen zu stellen. Wenn behauptet werde, dass ein Porsche umweltfreundlicher sei als eine Kuh, könne man diese Argumentation nicht mehr ernst nehmen, „solche irrealen Vergleiche treffen uns ins Herz.“ Es gebe allerdings auch für die Landwirtschaft zunehmend Handlungsbedarf, und es sei auch Handlungswillen vorhanden, beispielsweise in Sachen „mehr Tierschutz und weniger Antibiotika-Einsatz.“ Schwarz rief auch in Erinnerung, dass die Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Abdeckung der menschlichen Grundbedürfnisse leiste und damit letztlich auch zur Stabilität und Sicherheit der Gesellschaft beitrage. Wenn man aber über den europäischen Tellerrand hinweg schaue, sehe man, dass viele Teller in anderen Teilen der Erde leer seien. „Gesetze erzeugen keine Lebensmittel, Medienberichte machen nicht satt und Bürgerinitiativen bewirtschaften keine Flächen“, machte er seinem Unmut Luft. Die Landwirtschaft werde gebraucht, allerdings seien die Aufgaben global und die Lösungen müssten vor Ort entstehen. Er appellierte an die anwesenden Landwirte, die Situation als Motivation anzusehen und stärker als bisher zusammenzuarbeiten: „Nur gemeinsam werden wir es schaffen.“ Noch gebe es die bäuerlichen Familienbetriebe, doch die Zahlen gingen zurück.


Zwischen Starkregen und Preistief


Der Kreisvorsitzende Franz Josef Schäfer (Eckendorf) hatte zuvor seinen Jahresbericht 2016 so überschrieben: „Zwischen Starkregen und Preistief“. Dabei machte er gleich zu Beginn klar: „Selten blies uns der Wind so stark ins Gesicht wie im vergangenen Jahr.“ Es werde immer schwieriger, die bäuerliche Kernaufgabe gesunder Nahrungsmittelproduktion zu erfüllen. Das erste Halbjahr sei zwischen Ahr und Eifel von extremen und langhaltenden Regenfällen geprägt gewesen, ein starker Pilzbefall in allen Kulturen sei hinzugekommen. „Wer nicht entsprechend reagieren konnte, musste einen Totalausfall befürchten.“ Die Getreideernte sei sowohl qualitativ wie auch quantitativ bescheiden, die Zuckerrübenernte sei mittelprächtig ausgefallen. Die Winzer an der Ahr seien mit einem durchschnittlichen Ertrag davongekommen, hier habe das trockene und warme Wetter zur Lesezeit noch das Schlimmste verhindert. „Bei den Obstbauern lagen Erfolg und Misserfolg dicht beieinander, hier brachte nur ein guter Regenschutz eine zufriedenstellende Ernte ein.“ Alles in allem bedeutet das für die Landwirtschaft im Kreis: „Wir mussten in den vergangenen Jahren schon kleine Brötchen backen, aber in 2016 waren sie verdammt klein.“ Besonders die Milchwirtschaft sei davon betroffen, die Preise seien eine wahre Katastrophe und lägen noch weit unter den Gestehungskosten. Die Situation werde nach seiner Ansicht den Strukturwandel dramatisch beschleunigen, wobei die heimische Region sicherlich nicht profitieren werde.


Gesunder Menschenverstand kommt zu kurz


Auch Schäfer prangerte das „mediale Dauerfeuer“ an, das die Landwirtschaft auf Dauer zermürbe und den einen oder anderen Landwirt auch zum Rückzug bewege. „Wie soll sich ein junger Mensch unter diesen Bedingungen für die Hofnachfolge begeistern?“, fragte er. Im „postfaktischen Zeitalter“ komme der gesunde Menschenverstand zu kurz, es würden zu viele Ängste geschürt und von den Politikern noch zusätzlich verstärkt. Dennoch gelte es für die Landwirtschaft, sich den Fragen und den Vorbehalten der Mitbürger zu stellen und in einen offenen Dialog einzutreten. „Wir haben nichts zu verbergen, öffnen wir unsere Betriebe und zeigen, was wir leisten“, riet er seinen Leidensgenossen unter großem Beifall. JOST

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