Vorschläge reichen von Wohnbau auf Rasselsteingelände über Vermarktung leerer Geschäfte bis zur Aussichtsplattform
Eine gute Zukunft für die Stadt Neuwied
Stuttgarter Stadtentwickler zeichneten viele Möglichkeiten bis zum Jahr 2030 auf – Bürger werden beteiligt
Neuwied. „Die Stadt Neuwied hat eine gute Zukunft“. Das ist der Tenor eines Konzepts, das das Stuttgarter Stadtentwicklungsunternehmen Reschl ausgearbeitet und jetzt durch Ingenieur und Architekt Roland Köhler im Neuwieder Rathaus der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Zukunftsprojekte sind da u.a. „Revitalisierung des Rasselsteingeländes vor der Wiedmündung“, „Wohnen am Yachthafen“, „Innenstadt beleben“, „Bildung und Betreuung stärken“, „mehr Mobilität mit Blick auf den demografischen Wandel und Stabilisierung der Wirtschaftskraft“.
Roland Köhler ging erst auf den Ist-Zustand ein und attestierte der Stadt Neuwied eine positive Stellung. So soll eine Einwohnerzahl von 64.000 (derzeit sind es 68.000) bis ins Jahr 2030 unbedingt gehalten werden. „Die demografische Veränderung ist ein Entwicklungshemmnis“, erklärte dazu Oberbürgermeister Nikolaus Roth, denn: „Der Bedarf an seniorengerechten Infrastrukturen steigt. Neuwied schrumpft nicht, wächst aber auch nicht. Ziel ist, dass wir uns damit nicht abfinden. Mehr Arbeitsplätze und mehr Wohnmöglichkeiten für alle Bedürfnisse sind erforderlich“, meinte der Oberbürgermeister. Laut Roland Köhler sind für die Realisierung des Zukunftskonzepts private und Unternehmensinitiativen notwendig, die von Stadt und Land mit Förderungen und Erleichterungen angestoßen werden müssten. „Es gibt da schon einige Anfragen. Wir haben Beratungsangebote für Eigentümer, um im unteren Teil der Mittelstraße die Frequenz zu steigern. Der Bereich Kaufhaus La Porte ist in der Mache und die Marktstraße wird ausgebaut. Eigentümer können sich zusammenschließen und so mit privatem und öffentlichem Kapital arbeiten“, erläuterte der Oberbürgermeister.
So könnte auch die Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Wohnungen sanieren, neue bauen und so als Lokomotive Flächen aufwerten, um private Investoren anzulocken. „Da müssen aber noch dicke Bretter gebohrt werden“, gab Roland Köhler zu bedenken. Im Konzept werden jedoch keine konkreten Realisierungsvorschläge gemacht, sondern dar gelegt mit welchen acht Handlungsfeldern die Stadt Neuwied zukunftsfähig wird.
So habe die Stadt der Schulen mit Pflegehochschule, Erweiterung der Foodakademie und einer Kooperation mit der Hochschule Koblenz als Campus Neuwied schon Potential. Der Oberbürgermeister fügte hinzu: „Wissenschaftliche Einrichtungen fehlen und damit auch die jungen Leute, deren Anzahl dadurch erhöht würde.“
Derzeit stehen in Neuwied vier Prozent der Wohnungen und Gewerberäume leer, was laut Köhler nicht viel ist: „Neuwied hat 45 Hektar an Baulücken, alles Potentiale für den Wohnbau. 25 Prozent davon sind bis 2030 umsetzbar“, glaubt der Stadtentwickler und schlug der Stadtverwaltung eine Angebotsbörse vor. Das will der Oberbürgermeister aber nicht: „Es ist nicht Aufgabe der Stadt, als Makler tätig zu werden. Wir können nur motivieren und begleiten und kaufen selbst eine ganze Menge Grundstücke.“
Wichtig sind laut Köhler aber auch lebendige Ortskerne in den Stadtteilen: „Da gibt es Häuser, in denen unten ein Laden ist und darüber nicht genutzte Wohnungen.“ Neben diesem Potential sieht er im Außenbereich erhebliche Bauflächen, z.B. auf dem Heddesdorfer Berg und in Feldkirchen. Genutzt werden sollte ein Gewerbegebiet entlang der B42.
Seiner Ansicht nach müssten ehemalige Industrieflächen, hier das Rasselsteingelände vor der Wiedmündung, in ein Freizeit- und Wohngebiet umgewandelt werden: „Es liegt verkehrsgünstig, Deichwelle, Kinderbetreuung und alles, was man zum Wohnen braucht, ist in direkter Nachbarschaft.“ Der Einzelhandel in Neuwied muss laut Roland Köhler konkurrenzfähig ausgerichtet werden, da man mit dem Gewerbegebiet Mülheim-Kärlich eine starke Konkurrenz vor der Haustüre hat: „Von der Kaufkraft, die Neuwied hat, fließen 40 Prozent mehr in Stadt, also 140 Prozent, in Mülheim-Kärlich beträgt die Kaufkraft 437 Prozent.“
Das Gewerbegebiet Mülheim-Kärlich hat genau so viel Verkaufsfläche wie die gesamte Stadt Neuwied. Daher sollte mehr Kaufkraft aus dem Umland gebunden werden. So z.B. den Kunden per Internet bestellen und im Geschäft abholen lassen, was laut Roland Köhler auch kleine Geschäfte z.B. als Gemeinschaft umsetzen können. Trotz der guten flächendeckenden Versorgung möchte der Oberbürgermeister die Stadtteile weiter stärken, z.B. mit Kombiangeboten in denen Bäcker und Postagentur untergebracht sind.
In der Kinderbetreuung ist Neuwied exzellent aufgestellt, hat der Stadtentwickler herausgefunden: „Längere Öffnungszeiten kann man nicht komplett in der Fläche anbieten, das wäre viel zu teuer.“ Beigeordneter Michael Mang fügte hinzu: „Das Angebot in den Stadtteilen wird erweitert für mehr wohnortnahe Kitaplätze. Gleiches gilt für Altentagesstätten und Seniorenheime.“
Roland Köhler verwies auf die hervorragende Lage der Stadt mit 12 km Rheinufer, dem Naturpark Rhein-Westerwald, der Wied, Burg Altwied und zahlreichen Ausflugs- und Naherholungsmöglichkeiten: „Touristisch sinnvoll wäre eine Aussichtsplattform in Feldkirchen, auf Monrepos oder am Heimbach-Weiser Golfplatz.“
Die Stadtentwicklungsstrategie soll ein Konzept für alle Bürgerinnen und Bürger sein. Die Zukunftsinitiative Neuwied bündelt daher Ideen, Vorschläge und Anliegen aller relevanten Akteure. So gibt es ein Online-Angebot, eine Kurzfassung des Konzepts ist ab 8. Mai im Internet, und eine Bürgerbeteiligung am Dienstag, 16. Mai, in der Stadthalle Heimathaus. Der Stadtrat soll am 28. September über das Konzept und die Umsetzung der Strategie, für die dann die Verwaltung verantwortlich ist, entscheiden. HEP