Renommierter Journalist informierte beim Mayener Wirtschaftsforum
Andreas Englisch über die Management-Revolution im Vatikan
Mayen. Als frisch studierter Journalist und Literaturwissenschaftler ging Andreas Englisch 1987 nach Rom, um italienisch zu lernen – er blieb bis heute. Als sein eingeplantes Budget aufgebraucht war, schaute er sich nach einem Job um und wurde zunächst bei einem amerikanischen Magazin fündig, das einen versierten Vatikan-Kenner suchte. Trotz nur bescheidener Vorkenntnisse als Messdiener bekam er den Arbeitsplatz, ist inzwischen einer der renommiertesten deutschen Vatikan-Kenner und begleitete ab 1995 die Päpste auf ihren Reisen auch im Papstflugzeug. Am vergangenen Mittwoch sprach Vatikan-Korrespondent Andreas Englisch auf dem in der Dachdeckerfachschule veranstalteten diesjährigen Mayener Wirtschaftsforum zum Thema „Management-Revolution im Vatikan: Wie baut man die größte Einrichtung der Welt um?“.
Das Wirtschaftsforum wurde vor langen Jahren aus der Taufe gehoben als gemeinsame Idee der Stadtentwicklungsgesellschaft (STEG) und der Kreissparkasse Mayen. Jetzt hat das Forum schon 15 Mal getagt und hatte nur einmal den krankheitsbedingten Ausfall eines bekannten Redners zu verkraften, der jedoch im Folgejahr nachgeholt werden konnte. Oberbürgermeister Wolfgang Treis begrüßte den Gastredner des Abends im Namen der STEG sowie der Stadt Mayen und erntete dabei das erste freudige Gelächter des Abends, indem er verkündete, sich extra auf die Thematik des heutigen Abends bei der kürzlich stattgefundenen Fußwallfahrt nach Trier der St. Matthiasbruderschaft vorbereitet zu haben.
Der Pontifex steht vor großen Aufgaben
Auch Gastredner Englisch lockerte seinen gut einstündigen Informationsvortrag immer wieder gekonnt und routiniert durch spaßige Einlagen und erinnerte Anekdoten auf, sodass der Abend bei den sehr zahlreichen Gästen keinesfalls schnell ob einer erwarteten trockenen Thematik in Vergessenheit gerät. Doch wie löst man als frisch gewählter Papst Franziskus die Aufgabe, den mit annähernd 14 Millionen Beschäftigten weltweit größten Arbeitgeber, der auch rund 100.000 Grundschulen betreibt und etwa 6.000 Krankenhäuser, zu reformieren, wenn der zudem von einer neuerungsresistenten Kurie mit ungefähr 700 Führungskräften geleitet wird? Andreas Englisch war derjenige, der frühzeitig nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. die Wahl Kardinal Ratzingers zum Nachfolger vorhersagte und auch dessen Rücktritt als Papst im Jahr 2013 – dem ersten seit 700 Jahren. Er beantwortet die Frage nach dem eingeleiteten Umbau des Kirchenstaates aus den ersten Begegnungen mit Papst Franziskus. Der ist bescheiden, lehnt es ab, in den Räumen der Papstsuite zu wohnen, und bevorzugt bis dato eine kleine Wohnung im Gästehaus der Heiligen Marta. Er verweigert die Fahrt im Dienstmercedes und verwendet häufig seinen uralten Renault R4, den Bus oder geht zu Fuß. Zum Essen geht der Papst in die Mensa und nimmt auf seinen Reisen gerne „einfache Menschen“ aus dem Vatikan mit, auch wenn dafür ein hoher Kirchenvertreter zu Hause bleiben muss. Besonders schlimm kam es für die Kurie und ihre Kardinäle 2014. In seiner üblichen Weihnachtsansprache brüskierte der Papst sie beispiellos, prangerte 15 Krankheiten der Kurie an und warf ihr „spirituelles Alzheimer“ vor.
Begleiter und Chronist dreier Päpste
Die Begegnungen mit drei Päpsten hat aus dem zuvor nach eigenen Aussagen weder gläubigen noch an der Kirche interessierten Menschen Andreas Englisch einen Papstverehrer gemacht, wozu besonders die Erfahrungen mit Papst Johannes Paul II. beigetragen haben. Aber auch die erste Auslandsreise zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro mit Papst Franziskus, bei dem dieser mit mehr als drei Millionen Jugendlichen auf dem ursprünglich vorgesehenen Gelände wegen tagelanger Regenfälle nicht feiern konnte und dies spontan an der Copacabana tat, haben daran ihren Anteil.
Beim abschließenden Fragenkomplex wagte Vatikan-Kenner Englisch erneut eine seiner mehrfach bewahrheiteten Prognosen: Es werde nicht mehr lange auf sich warten lassen, bis Papst Franziskus sich zum Zölibat der katholischen Kirche äußern werde, mit umwälzenden Inhalten. WE