Erstes Tierschutzfestival Mittelrhein war trotz Regen ein voller Erfolg und lieferte jede Menge interessante Infos:
Tipps „vom Schildkrötenschutz über die Wildvogelpflege bis zur Bienenzucht“
Es waren auch Vereine vor Ort, von denen kaum ein Besucher wusste, dass es sie gibt
Koblenz/Region. Warum musste es ausgerechnet am Sonntag regnen? Hätte Petrus der Sonne nicht noch diesen einen Tag Vorrang gewähren können? Ausgerechnet am Sonntag, dem Tag an dem am Deutschen Eck in Koblenz das erste „Tierschutzfestival Mittelrhein“ stattfand, nieselte, tröpfelte und schüttete es im Wechsel. „Zu Beginn waren wir uns fast sicher, wir würden als Aussteller unter uns bleiben“, schildert Michaela Drüppel ihre Befürchtung. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten vertrat sie den „Gnadenhof Raya“ in Asbach mit einem Infostand. Doch schnell zeigte sich mal wieder, das Tier- und Naturfreunde keine „Weicheicher“ sind: Den ganzen Tag über war was los im Rücken von Kaiser Wilhelm, der vom Rücken seines Pferdes aus äußerst mürrisch in die Wetterlage schaute.
An 41 Ständen wurde informiert
Insgesamt zählte der Platzplan von Initiatorin Nadine Pietzko 41 Platznummern und Teilnehmer beim ersten Tierschutzfestival seiner Art in Koblenz. Nicht nur Tierheime stellten ihre Arbeit und das Engagement für die vielen heimatlosen Hunde und Katzen in der Region vor, es waren auch Vereine vor Ort, von denen kaum ein Besucher wusste, dass es sie gibt: Die Interessengemeinschaft Schildkrötenschutz & Nachzucht e.V. betreibt Aufklärungsarbeit rund um die kleinen Panzertiere, die allzu oft nicht artgerecht und ohne Fachwissen gehalten werden. Der Verein „Wellensittich – Freunde Deutschland e.V.“ setzt sich ebenfalls für den Schutz und vor allen Dingen für bessere Haltungsbedingungen von Wellensittichen ein: Wer seinen Wellensittlich liebt, hält ihn nicht in „Einzelhaft“, gewährt ihm täglichen Freiflug, achtet auf gesunde und artgerechte Ernährung und die richtige Käfigausstattung – wobei eine offene Käfigtür sicherlich am wertvollsten ist für die flinken Flieger.
Als „Ratten der Lüfte“ bezeichnen viele Menschen heute Stadttauben. Dabei war es wieder einmal der Mensch, der die Tiere gegen ihre Natur gezüchtet und vermehrt hat, um sie für seine Zwecke zu gebrauchen. „Stadttauben sind ehemalige Haus- und Brieftauben und deren Nachkommen; Vorfahre aller gezüchteten Tauben ist die Felstaube“, wissen Nicole Merzbach und Sandra Lamprich von der „Stadttaubenhilfe Koblenz/ Neuwied e.V.“. Einst wurden den Tauben, die nun aufgrund ihrer genetischen Veranlagung auf Gebäuden und Mauervorsprüngen leben, das ganzjährige Brüten angezüchtet – heute sind sie dem Menschen gerade aus diesem Grund als Ärgernis. Er ruft nach Bekämpfung und Vernichtung der Tiere, die ihm zu seinem Nutzen einst recht und billig waren.
Die Stadttaubenhilfe klärte an diesem Tag über die Zusammenhänge der vom Menschen selbst verursachten Überpopulation auf und stellte nachhaltige und vor allen Dingen tierschutzkonforme Lösungen vor: Taubenschläge mit „Geburtenkontrolle“, in denen die Tiere mit artgerechtem Futter und frischem Wasser versorgt werden und natürlich auch medizinisch betreut werden.
Die Maßnahmen der Tierschützer führen langfristig zu weniger Kot auf Straßen und Gebäuden, zu weniger wilder Eiablage und dadurch auch zu weniger Nachkommen. Dank der richtigen Fütterung leiden die Tiere weniger unter Durchfall und halten sich weniger auf Straßen auf, um nach Futter zu suchen.
Auch Wildtiere im Fokus
Mit ihrer „Wildtier – Pflegestation“ stellte Tierheilpraktikerin Julia Bravetti eine junge, aber stetig wachsende Initiative vor, die Wildtiere aufpäppelt, gesund pflegt und wieder in die Freiheit entlässt. Ein paar Stände weiter war auch Dr. Anja Baronetzky-Mercier mit ihrer „Wildvogel – Pflegestation“ vor Ort - sehr praktisch: Zwei gefiederte Schützlinge konnten die engagierte Tierärztin und ihre Mitstreiter am Abend gleich mit nach Kirchwald nehmen. Anwohner und Passanten waren auf die hilflosen Tiere in Koblenz aufmerksam geworden und brachten sie gleich zum Infostand der „Wildvogel – Pflegestation“.
Gnadenhöfe, die zahlreichen Tierarten Schutz und Obhut, und vielen alten und kranken Tieren ein endgültiges Zuhause bieten, stellten sich ebenso vor, wie der „Notmeerschweinchen e.V.“ mit seinem Engagement für Meerschweinchen, die ihr Leben, wie viele Kleintiere, oft einsam in Käfigen, mit wenig Abwechslung und dem falschen Futter fristen müssen.
Die Buchhandlung Reuffel war mit Fachliteratur dabei, die Seifen von „Lush“ dufteten über den ganzen Festplatz und waren schon allein optisch ein Hingucker. Kleine Stände präsentieren Schmuck und Accessoires rund um das Thema Tiere, kulinarisch – vegane Köstlichkeiten gab`s beim Food – Truck von „Veggiewerk“. „Die Grünen“ stellten ihren Arbeitskreis Tierschutz vor, neben vielen anderen waren auch die Schwanenfreunde Mittelmosel und der Imkerverein „Bee Together Rhein Mosel e.V.“ mit von der Partie.
Am Ende des Tages stand eine glückliche Initiatorin auf dem regennassen Platz: „Ich freue mich riesig, dass so viele Menschen, trotz des miesen Wetters den Weg zu uns gefunden haben“, strahlte Nadine Pietzko, „es war ein wunderbarer Tag! Ich danke allen von Herzen, die mit uns das Fest möglich gemacht haben, sei es durch tatkräftiges Anpacken oder durch Spenden. Ich danke den Ämtern für ihre Kooperation und den positiven Kontakt. Und vor allen danke ich unserem Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig, der uns so unterstützt hat und gleich die Schirmherrschaft für die Veranstaltung übernommen hat. Das gab uns so richtig Rückenwind.“ Bald wird sie erst einmal ihr Baby zur Welt bringen. Wenn das gut „erledigt“ ist, wird sich die engagierte junge Frau Gedanken machen, wie das „Tierschutzfestival Mittelrhein 2018“ aussehen könnte.