Gericht erkennt kein Motiv
Urteil: Strohballenprozess endet mit Jugendgefängnis
Koblenz. In dem seit 20. März geführten Prozess, wurden am Mittwoch dem 12. April die Urteile gefällt. Mit 18 Brandstiftungen in drei Landkreisen und einem Gesamtschaden von mindestens 200.000 Euro brachten die beiden, mittlerweile 20-jährigen Täter, eine ganze Region in Aufruhr.
Am Vormittag wurden von Richter Andreas Groß die einzelnen Fälle vorgelesen. Danach sah die Brandserie wie folgt aus: Spätsommer 2016 fuhren beide Täter hunderte Kilometer mit dem Auto um aktuelle Blaulichtfotos zu machen, die sie veröffentlichen wollten. Am 11./12. September begannen beide mit der Brandserie, indem die ersten ca. 70 Strohballen in Thür in Brand gesteckt wurden. Zwei weitere Brandstiftungen folgten in kurzem Abstand in Wassenach und Kretz, wobei es in einem weiteren Fall beim Versuch blieb. In der Nacht vom 12./13. September legten sie Brände im rechtsrheinischen Niederbreitbach, Birresdorf sowie Niederich in der Grafschaft. Bei diesen Aktionen stellten sie sich erstmals als Pressefotografen vor und fotografierten am Einsatzort. Am 13./14. September fuhren beide bis nach Malberg in der Nähe von Hachenburg, um Strohballen zu entzünden. Anschließend, am frühen Morgen schlagen sie dann noch in Miesenheim zu. Nach dieser Nacht folgte eine vier tägige Pause die am 18./19. September wieder in den Thürer Wiesen endete. Für eine Brandstiftung zuvor bei Kruft, ist nach Ansicht des Gerichts der ältere Angeklagte allein verantwortlich. Den größten Schaden, 43.500 Euro, richteten beide in Dinkelbach bei Neustadt an. Hier zündeten sie eine Scheune mitsamt darin gelagerten Strohballen an. Fünf weitere Brandstiftungen folgten am 25./26. September bei Kretz, Wassenach, Niederdürenbach, Wehr und Burgbrohl, außerdem am frühen Morgen dann noch einen Linienbus in Mendig.
Bei einem Autohandel brennen vier Pkw‘s aus
Nach dieser Reihe sind beide nicht mehr nur auf Strohballen aus, sonder steuern gezielt einen Autohandel in Weißenthurm an. Vier Pkw brennen komplett aus, vier weitere wurden erheblich beschädigt. Anschließend gehen die beiden Täter der Polizei bei einer Kontrolle ins Netz, ihre Handys wurden beschlagnahmt und am 30. September erfolgt dann durch die Polizei die Festnahme. Bei den ersten Vernehmungen sowie vor der Ermittlungsrichterin legen beide umfassende Geständnisse ab.
Staatsanwältin forderte 4 Jahre und zehn Monate Jugendstrafe
Nachdem Staatsanwältin Merle Eckard ihr Plädoyer mit den Worten: „Eine richtige Auseinandersetzung mit den Taten kann ich nicht erkennen“ schloss, forderte sie jeweils eine Jugendstrafe von 4 Jahren und zehn Monaten.
In der Urteilsverkündung vermisste Richter Andreas Groß ein nachvollziehbares Motiv für das Anzünden von Stroh- und Heuballen in 16 Fällen sowie die Brandstiftung an einem Linienbus in Mendig. Auch die beiden Anwälte der Angeklagten sprachen von einem rätselhaften Motiv, was sich ihnen auch nicht ganz erschloss. Beide bescheinigten jedoch ihren Mandanten eine gute Sozialprognose. Der etwas ältere Täter könnte bei einer Entlassung seine kaufmännische Ausbildung fortsetzen, während dem Jüngeren eine Lehrstelle in einem Handwerksbetrieb zu gesichert wurde. Aufgrund dieser Vorgaben forderten beide Anwälte für ihre Mandanten eine Bewährungsstrafe.
Dies alles wurde vom Richter Andreas Groß und den Schöffen berücksichtigt, jedoch sah Richter Groß in dem Verlauf der Taten schon eine gewisse kriminelle Energie, die eventuell größere Ausmaße hätte annehmen können. Die Ursprungsidee Aufnahmen bzw. Bildmaterial zu erstellen um Geld zu verdienen, all das erklärt die Taten nicht und das Strafmaß konnte somit nicht im Bewährungsrahmen gesehen werden.
Im weiteren Verlauf der Begründung wurde Pascal F. ein konstantes Einlassungsverhalten nachgewiesen, bei Julian E. war dieses Verhalten schon etwas anders. E. hat während des Prozesses immer wieder angedeutet, er wäre von F. unter Druck gesetzt worden, was der Vorsitzender Richter ihm jedoch wiederlegen konnte.
Aufgrund dieser beiden und mehreren Tatsachen kam das hohe Gericht zu folgendem Urteil: für Pascal F. wird eine Einheitsjugendstrafe von 3 Jahren und für Julian E. eine Einheitsjugendstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten ve5rhängt. Beide bleiben im Vollzug, Revision kann gegen dieses Urteil eingelegt werden.
Zum Schluss nahmen beide noch einmal die Gelegenheit wahr, sich bei den Geschädigten für die Taten zu entschuldigen.